BAPP-Projekt (Förderzeitraum 2013-2014) Erregungskampagnen in Politik und Wirtschaft -Digitale Öffentlichkeit zwischen Candy- und Shitstorms
Projektleitung:
Prof. Dr. Caja Thimm (Universität Bonn) und Prof. Dr. Christoph Bieber (Universität Duisburg-Essen)
Das Projekt wird von der „Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik“ (BAPP) gefördert.
Das Internet und insbesondere Social Media wie Facebook, Twitter, YouTube oder Instagram haben in den letzten Jahren die Kommunikation in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft massiv verändert. Diese digitalen Netze stellen eine Kommunikationswelt dar, die sich den üblichen Mechanismen und Reflexen der traditionellen Medien – und Öffentlichkeitsarbeit entzieht. Vor allem Twitter dürfte vermehrt eine Rolle in diesem Kontext zukommen – hier wird das Wirkungspotential noch stark unterschätzt. Dies wird sich aber, das zeigen die steigenden Zahlen in Politik und Wirtschaft, schnell ändern.
Besonders beachtenswert an diesen neuen Formen der Interaktion ist die Schnelligkeit und Direktheit des Austausches. Konsumierte der potentielle Wähler, Käufer/in oder KundIn bis vor kurzem lediglich Botschaften und war es ihm und ihr daher nur in begrenztem Maße möglich, sich dazu selbst zu Wort zu melden, so hat das Web 2.0 diese Situation nahezu ins Gegenteil verkehrt. Heute gehört der ungefilterte Austausch mit dem Adressaten wie selbstverständlich „mit dazu“ – und birgt so in dieser Form bisher nicht gekannte Risiken.
„Erregungskampagnen“, die sich häufig an kleinen Details entzünden, durch das Internet verbreitet werden und meist gerechtfertigte Kritik mit unsachlichen Beiträgen vermischen, sind dabei ein Phänomen, das in den zurückliegenden Jahren vermehrt zu beobachten war. Für den Betroffenen ist es erfahrungsgemäß unmöglich, ohne eine auf den individuellen Fall abgestellte Strategie unbeschadet aus solchen Kampagnen heraus zu kommen. Fast immer führt der Versuch, unliebsame Informationen oder Kommentare einfach zu entfernen, genau zum Gegenteil und generiert sogar noch mehr Aufmerksamkeit. Obwohl diese Erregungskampagnen seit geraumer Zeit bekannt sind, fehlt bisher ein umfassender Untersuchungsansatz, der Erkenntnisse aus der Wissenschaft mit den Erfahrungen der Praxis verbindet.
Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt des Forschungsprojektes:
- Wie kommen Erregungskampagnen zustande? Was für Auslöser lassen sich ausmachen?
- Gibt es Muster, die sich wiederholen oder häufiger zu beobachten sind? Welche Unterschiede im Ablauf gibt es?
- Wie lassen sich die crossmedialen Prozesse des „spill-over“ in die Traditionsmedien systematisch beschreiben?
- Wann sind Erregungskampagnen erfolgreich? Was macht eine „erfolgreiche“ Kampagne aus? Wie geht man als Betroffener mit ihnen um?
Das Projekt bearbeitet zwei thematische Felder – Politik und Wirtschaft – und analysiert ausgewählte Erregungskampagnen anhand umfangreichen Datenmaterials und explorativer Interviews mit Beteiligten.