Qualifikationsprojekte
Auf dieser Seite werden die laufenden Dissertations- und Habilitationsprojekte der Abteilung vorgestellt.
Dissertationsprojekte
(laufende Projekte, alphabetische Reihenfolge)
Die Dissertation beschäftigt sich mit der Frage, welche Rolle die drei relationalen Kategorien des Verstandes nach Kant ("Inhärenz und Subsistenz", "Kausalität und Dependenz" sowie "Gemeinschaft") bei der Entwicklung des modernen Medienbegriffs im 20. Jahrhundert gespielt haben könnten. Methodisch werden hierbei ausgewählte medientheoretische Aufsätze von F. Heider, N. Luhmann und M. McLuhan sowie einige Beiträge aus der Informations- und Kommunikationswissenschaft einer (transzendental-) philosophischen Analyse unterzogen. Die jeweiligen Medienbegriffe werden außerdem in den Kontext begriffsgeschichtlicher Entwicklungen verwandter Termini gestellt. Die Untersuchung der verschiedenen Medienbegriffe in diesen Texten zeigt, dass ihnen eine einheitliche, für alle Beispiele geltende Kombination der drei o. g. Kategorien als "semantische Tiefenstruktur" zugrunde liegt: Eine abstrakte, transzendentallogisch beschreibbare Struktur verleiht den untersuchten Medienbegriffen eine eigentümliche Charakteristik, welche die aus den Texten direkt extrahierbaren expliziten, konkreten und theoriespezifischen Bedeutungsebenen maßgeblich beeinflusst. Aus den Beispielen wird schließlich ein Modell des spezifischen Zusammenhanges der Kantischen Kategorien im modernen Medienbegriff abgeleitet. Diese Beziehung wird als eine Konfiguration aus synthetischen Begriffen a priori anschaulich dargestellt, durch welche man ihn schneller von ähnlichen Termini abgrenzen und eindeutig beschreiben kann. Die Ergebnisse der Dissertation sollen Hinweise für eine präzisere Verwendung des Wortes und das Verständnis seiner Begriffsgeschichte ergeben sowie eine weitere Explikation vereinfachen.
Deutschland und die Niederlande scheinen in vielen Belangen engverwandte Länder und Kulturräume zu sein, die zudem gleichermaßen vor den epochalen Herausforderungen der Digitalisierung stehen. Dennoch bilden beide Staaten teils unterschiedliche Strukturen zur Etablierung und Anwendung von sicherer Informationstechnik aus. Die institutionalisierte Auflösung der Unwägbarkeiten von Informationstechnologie – die maßgeblichen Administrationen, Regeln, Organisationen, Vorschriften und Vereine – variieren in zahlreichen Facetten. Diese Dissertation wirft ein Schlaglicht auf jene Abweichungen und stellt die Frage: Worin liegen diese Divergenzen begründet? Trotz der gemeinsamen westeuropäischen Prägung und der geografischen, politischen, gesellschaftlichen wie ökonomischen Nähe beider Länder, bestehen kulturelle Differenzen, die sich als Folge stetiger Verhandlungsmechanismen und wandelnder Zukunftsimaginationen in abweichenden Problemlösungsstrategien niederschlagen. Beginnend mit einer Annäherung an den Terminus der IT-Sicherheitskultur sowie einer Bestandsaufnahme der wesentlichen Institutionen beider Staaten schlägt die Untersuchung später die Brücke zu den Handlungsmotiven, zu den Narrativen und den vorherrschenden Bildern, die in diesen Gesellschaften jeweils über Informationssicherheit bestehen und auf ihre Verwirklichung rekurrieren. Die Betrachtung von Cybersecurity Culture muss die Wirkung der Technologie auf den Menschen genauso einschließen wie den Umgang des Menschen mit den Unsicherheitsherausforderungen der Technologie. Diese Einsicht lenkt die Suche darauf, wie sich Cybersicherheit in Praktiken, Diskursen und politischen Agenden niederschlägt, aber genauso darauf, wie kulturtypische Mechanismen auf das Verständnis und die notwendige Implementierung von Cybersicherheit Einfluss nehmen. Es kann demzufolge nur das Paradigma einer zeitgemäßen IT-Sicherheitskultur, gar von Kultur überhaupt sein, „Technik nicht mehr als Subsystem, sondern als integralen Bestandteil des gesellschaftlichen Systems von Kulturfertigkeiten und sozialen Praktiken zu konzipieren“ (Siedschlag/Jerković 2014, 309). Indem es gelingt, solch gruppenspezifische Echos als Essenz relationaler, routinierter Erfahrungen und imaginierter Zukunftserwartungen einzufangen, können sich charakteristische Abbilder von IT-Sicherheitskultur entspinnen, die sich für einen direkten Vergleich eignen.
Das Spiel in der Schachtel beschreibt eine moderne Form von Spielen, die warenförmig, pädagogisiert und gestaltet sind. Diese Spiele entstehen im 19. Jahrhundert und bieten eine Grundlage für heutige analoge und digitale Spiele. Die Arbeit wird historische Aspekte des Gegenstandes Spiel aufzeigen, die in Arbeiten der Game Studies häufig fehlen, da sie sich in der Regel mit digitalen Spielen beschäftigen. Beim Blick auf das Spektrum historischer geregelter Spiele wie Karten- und Brettspiele fällt auf, dass es eine ‚alte‘ Sorte Spiele gibt wie Schach oder Skat, bei denen für gewöhnlich die Regeln separat vom Material übermittelt werden und eine ‚neue‘ Sorte Spiele wie Monopoly oder Siedler von Catan, bei der alles zum Spielen nötige zusammen gefasst ist – als „Spiel in der Schachtel“. In meiner Arbeit wird die industrielle Kommerzialisierung, die Pädagogisierung und Medialisierung bzw. gestaltete Ästhetisierung darstellen, die aus dem „alten“ traditionellen Spiel das „neue“ moderne Spiel in der Schachtel machen. Damit verbinden sich hier Themen aus den Bereichen der Wirtschaftstheorie, der Geschichte der Pädagogik sowie der Geschichte des Spiele-Gestaltens. Karten- und Brettspiele erscheinen somit als bürgerliches Bildungsmittel, das paradigmatisch dafür wird, was dann als pädagogisch wertvoll gilt.
War die Frühphase des Internets von Befreiungshoffnungen geprägt, zeigt sich zunehmend, dass technologische und kapitalistische Systeme im digitalen Zeitalter in einer Zone der Ununterscheidbarkeit konvergieren. Ausgehend von dieser Beobachtung will meine Arbeit das Konzept der Medienökonomie erweitern. Sie versteht diese nicht nur als eine Ökonomie neben anderen (Finanz-, Sozialökonomie usw.), sondern untersucht auch die wesentliche Verschränkung der beiden Gegenstände Medialität und Ökonomie.
Dafür untersucht sie die Argumentation von Karl Marx in den drei Bänden seines Hauptwerks Das Kapital und dessen Vorarbeiten. Mediale Bezüge springen einem hier überall ins Auge. Die Ware wird als Hieroglyphe bezeichnet; das System des Warentauschs mit der Sprache verglichen. Preisschilder, Wechsel, Papier- und Buchgeld kommen als unverzichtbare Hilfsmittel des Geldsystems dazu; später geht es um den Fluss von Informationen und um die Spekulationen, die mit ihm gemacht werden.
Das Mediale ist jedoch nicht nur äußere Bedingung für das Kapitalverhältnis. Die marxsche Argumentation lässt sich vielmehr selbst als Medienkritik ‚avant la lettre‘ verstehen. Die Wertformen Ware, Geld und Kapital vermitteln die gesellschaftliche Arbeitsteilung und prägen ihre Eigengesetzlichkeit dabei dieser Gesellschaft auf. Marx entwickelt eine vernichtende Kritik, in der letztlich sowohl Arbeiter:innen als auch Kapitalist:innen zu bloßen Erfüllungsgehilfen der eigendynamischen Kapitalbewegung degradieren.
In der medientheoretischen Rekonstruktion der marxschen Argumentation soll dabei einem Begriff besondere Aufmerksamkeit zukommen, nämlich dem des fiktiven Kapitals. Stimmt die Diagnose Joseph Vogls in Kapital und Ressentiment, dann ist es dessen spekulative Bewertungslogik, die sich über die Finanzmärkte in die digitalen Technologien und damit auch in die Konstitution politischer Plattformöffentlichkeiten einschreibt. Dabei soll es auch um die Frage gehen, ob sich hier, wie teilweise behauptet, ein neues Wesen des Kapitalismus bahnbricht, oder sich im Prinzip die bereits von Marx beschriebene Kapitallogik fortschreibt.
*Abstract folgt*
Die Innovationslogik künstlicher Intelligenz ist die algorithmische Simulation menschlicher Denk-, Empfindungs- und Handlungspotenziale. Die aktuelle Generation von KI-Systemen und Anwendungen simuliert authentische Zwischenmenschlichkeit, imitiert kognitive Prozesse der Emotionserkennung, präsentiert sich in humanoiden Körperformen, generiert natürliche Sprach- und Textkommunikation, (re-)produziert künstlerische Darstellungen und journalistische Recherche, operiert interventionslos in dynamischen Umgebungen und grenzt sich so zunehmend vom technologischen Funktionsspektrum im engeren Sinne ab. Die Tendenz zur Anthropomorphisierung von Technologie ist längst Gegenstand wissenschaftlicher Studienarbeit, politischer Regulierungsinitiativen, ökonomischer Innovationsparadigmen und öffentlicher Technikevaluation und kulminiert in der direkten Interaktion zwischen menschlichen Nutzer*innen und humanoiden Roboterkörpern. Distinktionsmerkmal von hypermodernen Systemen wie Geminoid, Sophia oder Ameca ist dabei ihr anthropomorphes Gesicht. Androide und gynoide Robotergesichter verfügen nicht nur über eine große Diversität nuancierter Mimiken, sondern können darüber hinaus Zustände emotionaler Exaltation ausagieren, autonom neue Expressionen erlernen und ihren Ausdruck an den wahrgenommenen Zustand menschlicher Interaktionspartner*innen anpassen. Das technosomatische Angesicht ist dabei nicht nur die Simulationsstelle parasozialer Ausdruckspiele, sondern stellt als Interface der Mensch-Maschine Relation die Frage nach dem Subjektstatus von Technik jenseits instrumentalistischer Zwecksetzungen neu. Das Dissertationsprojekt untersucht die doppelte Rolle des Robotergesichts bei der Neuverhandlung des Technikstatus innerhalb und außerhalb philosophischer Dichotomietraditionen anhand der Unterscheidung zwischen surface und interface. Das Gesicht ist nicht nur Oberfläche intrinsischer, statusrelevanter Eigenschaften, sondern moderiert einen Praxisprozess relationaler Subjektkonstitution. Im Ausgang posthumanistischer Theorieangebote des relational turn diskutiert das Dissertationsprojekt den konzeptionellen Mehrwert alternativer Methoden der Subjektqualifikation, um die Frage nach der Anthropomorphisierung von verkörperten KI-Systemen aus medienwissenschaftlicher Perspektive neu zu bewerten.
Webseite Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen in Projekten (Philipp Engelhardt)
Am Anfang war das Selfie. Schnappschüsse an Erinnerungsorten des Holocaust, seien sie ‚gemacht‘ (wie Denkmäler) oder authentisch (wie ehemalige Konzentrationslager), lösen immer wieder Diskussionen aus, wie sich Besucherinnen und Besucher dort verhalten – und ob dies ‚korrekt‘ sei. Angereichert wird dieser Diskurs mit den Sozialen Netzwerken. Diese werden Ursprung und Diskussionsplattform zugleich, die dazu eine Aktualisierung der Auseinandersetzung aufgrund ihrer eigenen Regeln, Sehgewohnheiten, Gestaltungsmöglichkeiten und Erwartungen mit sich bringen. Hier schließt sich die Frage an, wie die aktuelle Beschäftigung mit dem Holocaust, seinen Erinnerungsorten und seiner gesellschaftlichen, sozialen und politischen Bedeutung über die Sozialen Netzwerke verhandelt, diskutiert und weiterentwickelt wird – und welche Rückschlüsse dies über eine zukünftige Verankerung des Erinnerns und einer Erinnerungskultur in Gesellschaft und Politik einer globalisierten und (digital) vernetzen Weltgesellschaft zulässt. In der Arbeit werden Instagrambeiträge zu verschiedenen Erinnerungsorten analysiert, um visuelle und sprachliche Muster und Praktiken zu identifizieren und diese verschiedenen Formen und Agenden der Erinnerung und Auseinandersetzung zu zuordnen: welchen Ort zeigen wir wie, wie rahmen wir diese Beiträge – und wann werden Orte nur als Sinnbild in aktuellen politischen Debatten für etwas ganz anderes genutzt? Mediale Formen und Praktiken alter, neuer und aktualisierter Erinnerungskulturen und ihrer komplexen Vernetzung mit (digitaler) Öffentlichkeit können so identifiziert und nutzbar gemacht werden.
Heutzutage ist es einfacher denn je, verschiedene Medienformen miteinander zu kombinieren, nicht zuletzt durch die Digitalisierung und der Programmierung von Computergrafiken. Die Simulation von Malerei durch Computergrafik, ein Aspekt des Non-photorealistic Rendering (kurz NPR), wird bereits seit den 60er Jahren verfolgt und ist gleichzeitig bisher wenig aus einem medienwissenschaftlichen Standpunkt betrachtet worden. Dabei ist die Computergrafik durch ihre Anpassung an und Nachahmung von anderen Medienformen wie zum Beispiel der Malerei oder anderen Kunstformen bereits inhärent intermedial. Zusätzlich können NPR-Computergrafiken in verschiedene Medienformen integriert werden und dadurch in diesen wiederum neue intermediale Phänomene schaffen.
Trotz der Absage der Medienspezifik im postdigitalen Zeitalter müssen für eine theoretische Analyse noch gewisse Begrenzungen der einzelnen Medienformen definiert werden, um intermediale Phänomene herausarbeiten zu können. Mit einer Methodik aufbauend auf Lars Elleströms Multimodalitätenkonzept und Étienne Souriaus komparativer Medienästhetik werden in diesem Dissertationsprojekt unterschiedliche intermediale Grenzübertritte basierend auf Non-photorealistic Rendering als Fallstudien analysiert. Hierbei werden unterschiedliche Beispiele herangezogen, von Filmen über Computerspiele zu Medienkunst, um die Verwendung von Non-photorealistic Rendering als intermediales Hilfsmittel zu betrachten und die unterschiedlichen Verfahren und Techniken des Non-photorealistic Rendering zu bestimmen und medienwissenschaftlich einzuordnen.
*Abstract folgt*
Gängige Modelle der Mediendemokratie postulieren eine wie auch immer geartete Abhängigkeit zwischen den Medienakteuren und den politischen Akteuren oder gleich eine Wächterfunktion der Mediensphäre gegenüber dem Politikbetrieb. Politik- und Medienlogiken bedingen sich demnach oft gegenseitig. Mit dem mittlerweile allgegenwärtigen Internet haben sich nun die Kommunikationsvoraussetzungen gewandelt: “Einbahnstraßen“-Kommunikationen werden durch soziale Netzwerke aufgebrochen. Ein eigener Jargon, basierend auf Narrativen und Internetphänom-Bezeichnungen, hat sich etabliert. Durch einfache zu verwendende Programme und durch vorhandene Endgeräte wie Smartphones ist das Produzieren hochwertiger Inhalte selbst für Laien problemlos möglich. Mit dem Online-Video haben sich zudem auch neue Publikationsmöglichkeiten ergeben. Täglich werden laut ARD/ZDF Onlinestudie im Schnitt 76 Minuten im Internet Videos geschaut. Bei den unter 30-Jährigen sind es gar 155 Minuten. Der politische Akteur kann eigene Inhalte als Online-Video schnell, einfach und günstig produzieren und selbst verbreiten. Dem Medienakteur bieten sich so neue Quellen oder das Video wird gleich selbst zur Nachricht. Die Dissertation betrachtet die Auswirkungen des Online-Videos auf demokratische- bzw. auf politische Teilhabeaspekte. Im Vordergrund stehen dabei soziale Bewegungen, aber auch „Medienaktivisten“ bzw. aktivistische Multiplikatoren. Sind politische Akteure dank eigener Inhalte und Distributionskanälen in ihren Kommunikationsbemühungen autarker geworden oder werden deren Videos nach (neuen) Onlinelogiken produziert? Sind Algorithmen die neuen Gatekeeper? Und welche Auswirkungen haben die neuen Gegebenheiten auf die so oft herangezogene “Struktur der Öffentlichkeit”?
Die konventionelle Komposition einzelner Fotografien ist viel erforscht worden, nicht zuletzt durch die Weiterführung von Stilen und Genres der Malerei sowie des Designs in den Anfängen der Fotografie. Mein Dissertationsprojekt strebt die Entwicklung eines interdisziplinär und intermedial entwickelten und durch die Fotografietheorie, Kunstwissenschaft, Designtheorie, den /Visual Social Semiotics/ und Film- und Comictheorie inspirierten Modells zur seriellen Analyse an. In ihm werden fotografische Serialität, das narrative Potenzial von Serien und intraserielle Beziehungen durch eine formale Analyse der kompositorischen Rolle und Interaktion von einzelnen Fotografien in Serien erforscht. Im Verlauf der Dissertation stehen zwei Fragen im Vordergrund. Erstens: Was unterscheidet Konzeption und Komposition einer fotografischen Serie von der des Einzelbilds?; Zweitens: Welche Konzepte/Methoden sind besonders geeignet, die fotografische Serie in ihrer Ambivalenz/Polyvalenz in Produktion und Rezeption zu analysieren? Das geplante Vorgehen ist, von Serien ausgehend (induktiv) Serientypen zu entwickeln, um potenziell fotografische Genres bestimmten Serientypen zuordnen zu können. Parallel dazu werden Methoden und Prinzipien der Serienanalyse angewandt, die die intraserielle Beziehung von Einzelbildern zueinander und die Serie als Ganzes zur Grundlage haben. Ziel der Dissertation ist, über das gewählte Material gattungs- und zeitspezifische Konventionen der seriellen Komposition zu identifizieren sowie die entsprechenden Begriffe für die fotografische Serie weiter zu entwickeln, wo nötig (z.B. im Bereich der Narratologie der Serie).
“We're not just fighting a pandemic; we're fighting an infodemic”, so der Generaldirektor der WHO Tedros Adhanom Ghebreyesus. Im Rahmen der Pandemie haben sich nicht nur das Coronavirus, sondern auch zahlreiche Desinformationen auf globaler Ebene rasant verbreitet, insbesondere auf Social-Media-Plattformen. Der Fokus dieser Promotion liegt darauf, wie COVID-19 in der arabischen Welt digital diskutiert wurde. Dabei gilt es zunächst, die Unterschiede zwischen Fehlinformationen, Desinformationen und Gerüchten zu definieren. Das Hauptaugenmerk dieser empirischen Arbeit liegt auf Twitter/ X. Relevante arabischsprachige Tweets aus bestehenden Datensätzen sowie eigenen Erhebungen, die in einem weiteren Schritt ins Deutsche übersetzt werden, bilden die Basis. Neben Twitter / X wird auch TikTok als weitere Social-Media-Plattform untersucht. Dieser Ansatz ermöglicht einen Vergleich zwischen Microblogging (Twitter / X) und kurzen Videoclips (TikTok). Auf Grundlage dieser empirischen Studie kann ein Bild der digitalen arabischen Öffentlichkeit im Kontext von COVID-19 gezeichnet und untersucht werden, wie jene sich von anderen Öffentlichkeiten unterscheidet und worin ggf. genau diese Unterschiede bestehen.
Diese Dissertation untersucht, wie die der kapitalistischen Produktion inhärente Bewegung menschliche Arbeit im Produktionsprozess durch Maschinen zu ersetzen, die Entwicklung und den Einsatz künstlicher Intelligenz vorantreibt. Mit dem Werk von Karl Marx als Ausgangspunkt, wird dafür die gegenseitige Bedingung aktueller Entwicklungen im Bereich der Technologie und sich vertiefenden Krisen unserer Gesellschaftsordnung in Verbindung gesetzt. Die Auswirkungen der zunehmenden Nutzung künstlicher Intelligenz werden dabei nicht nur auf Ebene des ökonomischen Vordergrunds des Kapitalismus, sondern auch der seiner nichtökonomischen Hintergrundbedingungen verortet. Von zentralem Interesse ist deshalb, welcher Stellenwert den Phänomenen, die sich im Hintergrund der Automation des Produktionsprozesses abspielen, bei der Bewertung der generellen Krisenhaftigkeit der Produktionsweise zukommt.
Webseite Wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte (Lea Klingberg)
Die These dieses Dissertationsprojektes ist, dass sich der Konsum audiovisueller Bilder als Arbeitsprozess fassen lässt. Ausschlaggebend ist dafür die rezeptionsästhetische Idee, dass Bilder ihrem Konsum nicht als autarke, präfigurierte Artefakte vorausgehen, sondern in ihrer Wahrnehmungserfahrung durch Zuschauer*innen erst produziert bzw. in Kommunikation mit der Materialität des Bildes koproduziert werden. Um diese kreative Konsumpraktik besser zu fassen, wird sie als das untersucht, was Karl Marx in seinem Frühwerk als sinnliche Arbeit bezeichnet—eine der Lohnarbeit entgegengesetzte Tätigkeitsform, in deren selbstzweckhaften Vollzug neue Subjekt-Objekt-Relationen geschaffen, Gemeinschaftsgefühle formiert und die Produkte der eigenen Arbeit lustvoll-sinnlich angeeignet werden. Als perpetuell ausgetragene, körperliche Verhaltensroutine erfüllt die sinnliche Arbeit des Bilderkonsums eine spezifische gesellschaftliche Aufgabe: Sie steuert die Bündelung von Affekten, moduliert die Bedingungen sinnlicher Weltzugriffe, justiert die Rahmungen kognitiver Prozesse und stellt eine historisch situierte Arena der Aushandlung gemeinschaftlicher und individueller Identitäten dar. Sie besitzt keine einheitliche, transhistorische Form. Im Gegenteil wird hypostasiert, dass unterschiedliche audiovisuelle Formate sowohl in medientechnologischer als auch genretheoretischer Hinsicht unterschiedliche Arten der sinnlichen Erarbeitung verlangen. Die Geschichte moderner audiovisueller Medien, vom frühen Film bis zu sozialen Medien, lässt sich daher als Produktionsgeschichte miteinander konkurrierender, sich gegenseitig beeinflussender ästhetischer Weltbezüge fassen. Diese Produktionsgeschichte ist wiederum stets im Verhältnis zu anderen, „nicht-sinnlichen“ Arbeitsprozessen zu denken. Parallel zu und in enger Verbundenheit mit den Entwicklungen der dominanten Produktionsmittel und -verhältnisse verändert sich auch die sinnliche Arbeit des Konsums. Betrachtet man diese dementsprechend als Kehrseite einer jeden vorherrschenden Vorstellung von „Arbeit“ als solcher, erhält man einen neuen, kritischen Zugang zu der Frage, welche Aufgabe das audiovisuelle Bild im sozialen Leben des 20. und 21. Jahrhundert erfüllte und weiterhin erfüllt.
How can the process of mediation be so contrived that the subject of the experience feels that the mediated content is, in some meaningful way, actually there? The question of virtual presence is not merely the question of how one brings distant objects closer (as in some trompe l'œil) or how one brings oneself to distant worlds (telepresence), but a complex merger of the two, which includes the related social question concerning how one makes the experiential subject of the virtual world (either extended or simulated) feel that they do not merely inhabit, but co-inhabit, the world (copresence).
The question of virtual presence is necessarily entangled with its medial solution. Virtual presence through media arises from the nexus of expectations as to the feeling of ‘being there’, what there is, and how its thereness is inferred, as well as the inscription of these expectations into medial artefacts. This project thus takes a holistic approach to the phenomenological, ontological, and epistemological aspects of virtual presence alongside their manifestation as media. Virtual presence, I argue, is not concerned with the representation of structural relations in the world, but with the replication of structural relations within perception. The telepresenting medium does not bring images before the user, but rather extends the user’s perception through the image. Virtual presence does not consist in a set of determinate illusions, but with the generation of circumstances in which the user resolves indeterminacies into the image and reconciles intermedial incongruencies transcendentally, latching onto perceptual operations that refuse to—or otherwise fail to—acknowledge the legitimacy of the medial frame.
Webseite Graduiertenkolleg 2291 Gegenwart/Literatur (Paul Labelle)
Die Dissertation setzt sich zur Aufgabe, eine medienwissenschaftliche Historiographie der Andernacher Postgeschichte zu schreiben. Ziel ist es, eine umfassende Übersicht vorzulegen, die einerseits wichtige Meilensteine der Andernacher Postgeschichte identifiziert und in den Kontext politischer, ökonomischer, kultureller und sozialer Zusammenhänge stellt und gleichzeitig – indem sie die Post als Metapher von Medialität schlechthin begreift –, zentrale Bezugspunkte zur Medientheorie herausstellt, um Voraussetzungen, Bedingungen und Folgen spezifischer Entwicklungen des Postwesens zu analysieren und einzuordnen. Damit will dieses Vorhaben auch dazu beitragen, eine neue, bislang so noch nicht dagewesene Perspektive auf die Geschichte der Stadt Andernach zu eröffnen. Das Forschungsinteresse zielt auf eine medienwissenschaftliche Perspektivierung ab, womit sich im Wesentlichen zwei zentrale Zugänge zum Untersuchungsgegenstand anbieten: Erstens soll untersucht werden, wie die Post als System die Stadt Andernach an bestehende Markt- und Herrschaftsstrukturen „anschlussfähig“ gemacht hat. Die Post wird hier zum einen als Infrastruktur verstanden, die mit der Einrichtung entsprechender Logistik, wie Postrouten, Wechselstationen, Zustellgebieten, Briefkästen oder Transportvehikeln die distribuierte Verteilung und Steuerung von Informationsströmen über ein feingliedriges Postverkehrsnetz ermöglicht hat und bis heute am Laufen hält. Zum anderen ist die Post hier als Organisation zu verstehen, die für die Einsetzung bürokratischer Prozesse wichtige Kulturtechniken als Medienpraktiken etabliert hat, wie Stempelvorgänge, Archivierungs-, Sortier- oder Ordnungssysteme, sowie das Prinzip der Adressierung als Grundbedingung für den Erfolg medialer Vermittlung überhaupt. Zweitens bietet sich zu untersuchen an, wie die Post als Medium, also im Sinne des Briefes, verschiedene Genres, Formate und Konventionen der Nachrichtenübermittlung hervorgebracht hat und wie diese in Andernach kultiviert wurden (Wechselbriefe, Feldpost, geistliche und geschäftliche Korrespondenzen, Liebesbriefe, Postkarten, Ansichtskarten etc.). Beide Ansätze sollen in dem Versuch zusammenkommen, Umbrüche und Kontinuitäten im Postwesen am Fallbeispiel Andernachs herauszuarbeiten und „die (damit verbundenen) Dispositive (institutionelle, soziale, technologische Gegebenheiten), die in der Lage sind, [...] unsere Zeit- und Raumpraktiken zu verändern“ (Régis Debray 2000), sichtbar zu machen. Ein besonderer Fokus soll darauf liegen, welche postgeschichtlichen Entwicklungen sich in Andernach anders vollzogen haben als weiter gefasste Abhandlungen dies darstellen können. Die Arbeit stützt sich auf umfangreiches Quellenmaterial aus Archiven in ganz Deutschland, u. a. das Fürstliche Thurn und Taxis’sche Zentralarchiv Regensburg.
Colorful sticky notes on pin boards, enterprise resource planning software or diagrams for optimized time management – we are surrounded by planning media. Plan-making through these very media is so ubiquitous that it is sometimes no longer perceived as planning by those who plan. Through planning media, it is seemingly possible to operationalize and delegate every future labor process. Within media operations of planning, such as the coordination of labor through enterprise resource planning software, the future already appears delegable in the present through different formats and along specific temporal regimes. While increasingly more planning media, such as Kanban cards, find their way into the daily coordination of labor, planning is often understood as obsolete and opposed to the speed of capitalist labor coordination. This apparent paradox relationship between capitalist narratives against planning, which seems to make planning obsolete and the simultaneous ubiquity of capitalist planning media provides a starting point of my PhD project. Following this paradox relationship, my PhD project aims to critically examine the media history of capitalist labor planning against the background of both the operationalization of specific planning media, as well as the associated capitalist imaginaries on labor planning.
Webseite Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen (Sebastian Randerath)
Mit dem Dissertationsvorhaben möchte ich ein empirisch-kulturwissenschaftliches Verfahren entwickeln, durch das sich die sinnlichen Formen analysieren lassen, welche die Wahrnehmung, Produktion und Rezeption dinglicher Umwelt strukturieren. Es wird angenommen, dass diese Formen nie vollständig in die Struktur von Sprache übersetzt werden können. Am besonderen Fall des Sprachmediums soll gezeigt, dass sich Wahrnehmungs- und Bewusstseinsbildung auch hier nicht informativ vollzieht, sondern anhand der kulturtechnischen Formen des sinnlichen Dings selbst. Aus dieser Konzeption soll eine Kritik der jüngeren Literalitätsforschung entwickelt werden.
Von dem bedrohlichen Schatten der Großen Depression über das spektakuläre Platzen der Dotcom-Blase oder die Erschütterungen der Finanzkrise 2007/2008 bis hin zu den fortwährenden Herausforderungen durch die COVID-Pandemie – die Wirtschaft ist die Bühne der Krisen. Diese betreffen das wirtschaftliche System selbst, aber auch Individuen, die Gesellschaft und ihre Medien – ob man nun hinschauen möchte oder nicht. Die Doktorandin möchte genau hinschauen – und zwar auf die filmische Darstellung von Krisen im Medium Spielfilm. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf narrativen Mustern und Auffälligkeiten und filmästethischen Mitteln (nach Mikos). Durch eine großangelegte multimodale Diskursanalyse mehrerer Spielfilme aus unterschiedlichen Ländern vor dem Hintergrund verschiedener Wirtschaftskrisen wird untersucht, wie ökonomische Herausforderungen im Medium Spielfilm verhandelt und so Teil des Krisendiskurses werden. Wie und wo zeigt sich die Krise? Haben Krisen Einfluss auf die Darstellung von Geld, Gut und Böse oder Ideologien? Und wenn ja, welche filmästhetischen und narrativen Mittel kommen dabei zum Einsatz? Lights, Camera and … Affliction!
Angesichts der Verbreitung psychischer Krankheiten und der nach wie vor bestehenden gesellschaftlichen Stigmata erscheint es von größtem wissenschaftlichem Interesse, den Fragen nachzugehen, wie der Film historisch je spezifisch genutzt wurde, um mit seinen Repräsentationen und Diskursivierungen von Wissen über die Krankheit diese Stigmata zu befördern oder aber ihnen entgegenzuwirken. Dem Dokumentarfilm, der seit jeher einen informierenden und aufklärerischen Anspruch erhebt, kommt eine zentrale Stellung in der Aufklärungs- und Bildungsarbeit zu psychischen Erkrankungen zu. Als Medien der (Selbst-)Begegnung und (Selbst-)Erkenntnis vermögen es dokumentarische Filme nicht allein, psychische Krankheiten zu thematisieren; sie haben darüber hinaus ästhetische Strategien und Formen erarbeitet, ver-rückte innere Zustände nacherlebbar zu machen, eine Qualität, die gemeinhin allein dem Spielfilm mit seinem immersiven, emotionalisierenden Potenzial zugesprochen wird. Sein wahres Potenzial zeigt sich dort, wo er die „Nüchternheitsdiskurse“ (Nichols 2001) der Gattung hinter sich lässt und mit seinen multimodalen und polyphonen Möglichkeiten den Wahrnehmungsweisen und Erfahrungen der Betroffenen selbst Ausdruck verleiht. Diese gattungsspezifische Ästhetik, die sich in einer metaphernreichen Bildsprache, in fiktionalisierenden Momenten und besonderen Authentisierungsstrategien niederschlägt, wird meine Dissertation untersuchen.
Von ‚engagierter‘ Literatur bis zu ‚disruptiven‘ medialen Praktiken ist das Nicht-einverstanden-sein mit dem Bestehenden ein typisches Motiv von Literatur, Kunst und Medienkultur. Als scheinbar deskriptive Kategorie tauchen Begriffe wie ‚subversiv‘, ‚revolutionär‘ oder ‚widerständig‘ auch in wissenschaftlichen Textformaten auf. Diese Wertungen haben oft eine erstaunlich kurze Halbwertzeit und erscheinen im Rückblick hoffnungslos naiv; sei es Walter Benjamins Technikutopie des Films oder Hans Magnus Enzensbergers Entwurf kollaborativer Mediennutzung. Anstatt eine spezifischeFormation medialer Rezeption als jeweilige Gegenwart des Mediums zu verstehen, werden letztlich akzidentelle Praktiken als substantielle Eigenschaften missverstanden. Die Dissertation nimmt Argumentationsformen der Medientheorie in den Blick, die mit der Figur des „Subversiven“ arbeiten und verfolgt die theoriegeschichtlichen Verbindungen von Subversion und Medien(wissenschaft) zwischen konkreten politischen Formationen und künstlerischen Interventionen.
Webseite Graduiertenkolleg 2291 Gegenwart/Literatur (Alina Valjent)
Habilitationsprojekte
(laufende Projekte, alphabetische Reihenfolge)
For decades, a disintegration of community has been observed, which now manifests itself in increasing polarisation and algorithmically controlled disinformation on digital platforms. The platforms themselves also contribute to the dissolution of social cohesion through add targeting of children and young people, a lack of content moderation, ineffective instruments against hate speech and a focus on the accumulation of profits. The habilitation project pursues the hypothesis that platforms need to be described in terms of their underlying protocols. However, a media theory of protocols that encompasses practices that take place both online and offline and that addresses the implicit colonizing and decolonizing tendencies of protocols is still lacking. In my habilitation project, I propose to describe protocols performatively and epistemologically as protocological spaces. From a theory of performativity protocols embody voluntary agreements among the participants and ensure that protocological spaces with their own socio-technical entanglement emerge and have an impact on the status quo. In order to describe these protocological spaces epistemologically, I analyse the mediality of protocols and examine three protocol logics: network sovereignty, coordination and vitalism. Network sovereignty is explored through the media anthropological lens of protocological ecosystems, emphasizing the entanglement of media, humans, and their environments using examples from indigenous groups and decentralized autonomous organizations (DAOs) and their roles in human rights, environmental protection, and healthcare management. The coordination aspect investigates verification media and the cultural techniques of signing and sealing in digital spaces, assessing their impact on governance and the management of commons. Lastly, a new form of vitalism is examined by analysing blockchain-based art, the role of artificial intelligence and quantum computing in the creation of living protocological spaces. Ultimately, the project contributes to the broader understanding of a “protocol literacy” and explains protocol’s potential to reshape societal organization in a protocological era of more-than-human interaction.
*Abstract folgt*
Digital images are culturally pervasive, from the sciences to the business and entertainment world to the arts and beyond. In most cases, the pictures shown in scientific reports, in advertising, on private and commercial websites, in magazines etc. have been algorithmically altered with dedicated processing and editing software to enhance their look: They are processed pictures. Remarkably, to date there is no systematic reflection of digital image processing in the humanities or the social sciences and no elaborate conceptualization of the digital image as a processed picture. The project’s objective is to develop a concept of digital images in their distinct quality of being processed pictures instead of in general terms or abstract notions of digitality. To this end, it will give a first comprehensive account of the software Adobe Photoshop as the premier technological tool of digital image processing and establish a theoretical framework for reflecting digital image processing in its significance for visual culture and for theories of digital media. To achieve this goal, the project will conduct an in-depth investigation of Photoshop at the ‘cultural’ layer of interfaces and uses and at the ‘computer’ layer of code and data structures. Using the novel methods of software studies such as comparative media technique analysis, interface critique and critical code studies, it will provide the first systematic examination of one the most relevant instruments of contemporary visual culture. To elucidate the pragmatic and historical dimension of digital image processing, the project will also apply methods of discourse and media analysis, media archaeology and oral history.